[Buch] CAPTAIN FUTURE – DIE RACHE VON CAPTAIN FUTURE

Die Menschheit entdeckt und erobert den Weltraum, genauer das Sonnensystem um die Erde herum. Neu Möglichkeiten ergeben sich und ungeahnte Gefahren drohen. Es scheint eine Zeit zu kommen, in der ein Held benötigt wird. Da ist ein junger Curtis Newton, der im Geheimen auf dem Mond vom Androiden Otho, dem Roboter Grag und Professor Simon Wright, einem in einem schwebenden Kasten lebenden Gehirn, aufgezogen wird. Seine Eltern waren visionäre Wissenschaftler und wurden genau deshalb ermordet. Der junge Curtis besucht mit Otho eine Ausstellungseröffnung auf dem Mond bei dem die Deneb-Petroglyphen, besondere Steine mit rätselhaften Inschriften, präsentiert werden. Eigentlich wollten sie kein Aufsehen erregen, doch als der namhafte Senator Victor Corvo eine Rede hält, erzählt ihm Otho, das Corvo für den Mord an seinen Eltern verantwortlich ist. Zunächst kann er sich zusammenreissen, doch dem alten Marshall Ezra Gurney und der forsche Polizistin Joan Randall fällt er auf und behalten ihn im Auge. Kaum zurück in seinem Zuhause, tief unter der Erde des Mondkraters Tycho, stellt er seine Freunde zur Rede und Simon erzählt ihm nun die ganze Geschichte. Der skrupellose Victor Corvo wollte Roger und Elaine Newton’s Androiden- und Künstliche Intelligenz-Forschungen um jeden Preis. Aus Angst davor flüchteten sie, aber entkommen konnten sie letztlich nicht. Erstmals kann sich Curtis nicht beruhigen und möchte am liebsten Rache üben, doch sollte er ihr nachgeben und Corvo töten? Er beschließt die mörderische Rache und schleicht sich heimlich in Corvo’s Mondanwesen, wo sich derzeit auch Präsident Carthew aufhält. Noch bevor er seinen eigentlichen Plan durchführen kann überrascht er einen Attentäter, der es auf den Präsidenten abgesehen hat. Als er es verhindert, gerät er nicht nur in eine interplanetarische Verschwörung, auch muss er zu dem Mann werden, der gebraucht wird … Captain Future.

Fazit:
Der erfahrende Science Fiction Autor Allen Steele hatte 1998 mit seiner preisgekrönten Kurzgeschichte ‘Der Tod von Captain Future‘ beeindruckt und CAPTAIN FUTURE wieder ins Gespräch gebracht. Und dies ohne das Captain Future wirklich mitspielte, da es um einen Raumfrachter Kapitän ging, der sich für diese legendäre Figur hielt und sich deshalb für etwas Größeres opferte. Nun widmet sich Steele Edmond Hamilton’s Figur selbst und erzählt eine Geschichte über dessen bisher nur angedeuteten Anfang, wie ein junger Curtis Newton zur Heldenfigur Captain Future wird. So erleben wir einen noch forschen und unerfahrenen Curtis, der aber neugierig auf die Welt um ihn herum ist. Dies allein zeigt das Potential. Sogenannte Prequels mit Vor- und Entstehungsgeschichten, wie ebenfalls bei ‘Star Wars‘ oder ‘Star Trek‘ geschehen, können skeptisch gesehen werden, insbesondere da sich oft mit den bereits existierenden späteren Geschichten Unstimmigkeiten entwickeln. Aber darüber sollte hinweg gesehen werden, zum einen ist leider Edmond Hamilton verstorben, wodurch uns seine Gedanken in dieser Richtung verschlossen sind, zum anderen sollte man sich freuen, diese legendäre Figur mit neuen Abenteuern zu erleben, dazu von einem Autor, der ihn ernst nimmt. Bei der Eröffnung trifft Curtis auf Ezra Gurney und Joan Randall. In ‘Der Sternenkaiser‘ von Hamilton (Band 1 bei Golkonda) spricht Curtis von Ezra als seinem ältesten Freund, also kannte er ihn bereits, nur hat er hier ursprünglich Joan kennengelernt. Allein diese Unterschiede zeigen, DIE RACHE VON CAPTAIN FUTURE ist Alternativ zu sehen, dennoch funktioniert es grossartig. Insbesondere weil Joan eine wichtige Figur ist und es ohne sie einfach nicht geht. Es ist eben diese Chemie zwischen Curtis und Joan, die für eine harmonische Basis sorgt. Die ausführliche Geschichte von Roger und Elaine Newton, sowie Simon Wright und ihre Forschungen erhalten neue Ansätze, Hintergründe und Motive. Dies macht die Figuren sehr lebendig und gestaltet es mitfühlend. Überhaupt wird eine Art Blick in die Seele von Curtis und insbesondere sein Gegenstück Joan geworfen. So erfährt der Leser ihre Gefühle, Gedanken und Eindrücke. Wichtig zu wissen sei ebenfalls, viele von Steele in diese Handlung eingeflochtenen scheinbar neuen Elemente, fanden nicht in den alten Romanen Erwähnung, sondern in den Anhängen der Pulp Veröffentlichungen. Steele beweist so, wie intensiv er sich mit Hamilton’s Werken auseinandergesetzt hat. Diese Liebe dafür ist beim lesen zu spüren und steckt an.
Für CAPTAIN FUTURE Kenner ist auch die Animationsserie nicht wegzudenken, da sie gerade optisch Wegweisend war. Auch hieraus hat Steele, auch wenn er es im Nachwort bestreitet, einige Elemente entnommen, sei es wie er Captain Futures Raumanzug beschreibt oder Simon Wright’s Erscheinung. In den alten Werken steckte das lebende Gehirn in einem viereckigen Glaskasten. In diesem hat er einen runden schwebenden Körper mit seinen optischen Stiellinsen und kleinen mechanischen Armen dran.
Begeisternd werden die Anspielungen bekannter CAPTAIN FUTURE Geschichten aufgenommen. Die Ausstellung zu Beginn um die Deneb-Steine, welche von den Wissenschaftler Winters und Norton betreut werden, spielen später in ‘Stern des Grauens‘ (The Star of Dread) eine Rolle. Ebenso wird das berüchtigte Rennen durchs Sonnensystem aus ‘Sternenstrasse zum Ruhm‘ (Band 6 bei Golkonda) aufgegriffen. In vielen Kleinigkeiten sind Anspielung eingebaut, so heißt ein Raumschiff ‘Leigh Brackett’ nach Hamilton’s Ehefrau, selbst Autorin u.a. fürs ‘Star Wars – Das Imperium schlägt zurück‘ Drehbuch.
Früh merkt der Leser einen aktuellen Erzählstiel, wo auch Worte wie Mars-Rover, Terraforming und Genom Verwendung finden, Worte die Hamilton in den einstigen Pulp-Magazin um 1940 noch unbekannt waren. Ähnlich ist es bei den Dialogen, die flüssig sind und eine moderne Eleganz versprühen. Gerade diese klassischen ‘Herr’ Anreden von Grag und Otho bezüglich Curtis, funktionieren heute nicht mehr. Dies ist nicht verkehrt, denn so gibt Steele dem Werk einen eigenen Stiel und transportiert den Captain in die heutige Zukunft.
Ein von Steele am Anfang eingebautes Element kann strittig gesehen werden. Er spricht davon, dass die Menschen ihre Genome veränderten, um das Sonnensystem zu kolonisieren und so neue Bewohner anderer Planten schufen. Scheinbar war dort vorher nichts. Bis sich hierdurch aber Zivilisationen bilden würden, müsste CAPTAIN FUTURE in einer sehr weiten Zukunft liegen. Im Ganzen hat er dem Leben im Weltraum mit aktuellen Erkenntnissen in Astronomie, Biologie, Physik und Techniken, sowie Ansichten der modernen Science Fiction, einen realen Anstrich gegeben. Anders eben bei Hamilton’s Universum, wo Bewohner, Flora und Fauna bereits existieren und eben nur von den Menschen durch Verlassen der Erde entdeckt wurden. Als er die Geschichten schrieb, gab es noch keine Mondlandung, Sonden für die Weltraumforschung, Space Shuttle und Hubble-Weltraumteleskop, sowie die Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungen daraus. Ihm war diese phantasievolle Weltraumwelt bester Ansatz für seine ungewöhnlichen, verschachtelten Handlungsideen, die vielleicht durch zu realistische Betrachtung für seine Abenteuer nicht funktioniert hätten. Dazu kommen eben Captain Future und seine besonderen Futuremen. Diese für sich einzigartigen Charaktere und ihre phantastischen Welten sind eine Symbiose und dies macht sie Besonders und Erinnerungswürdig. Allen Steele konzentriert sich intensiv auf die Charaktere und setzt sie in seine Vision des Weltraums.
Für mich gesehen, nimmt er CAPTAIN FUTURE damit eine wichtige Essenz. Gerade diese tollen, phantastischen Handlungen in dieser teils märchenartigen Welt mit den einzigartigen Figuren haben mich fasziniert und CAPTAIN FUTURE einen besonderen Platz bei mir eingeräumt. Steele’s Neuansatz hat mich ebenfalls fasziniert und bei den Figuren habe ich mich heimisch gefühlt, doch diese reale Komponente zu sehr einzuflechten, gab ihm auch etwas, was die Geschichte zu einer typischen modernen Science Fiction macht. Eine, die ohne den berühmten Charakter, nur eine von vielen wäre. Es ist keine Space Opera. Gleichzeitig möchte ich aber auch wissen, wie Steele nicht Future’s nächstes Abenteuer vorstellt.

DIE RACHE VON CAPTAIN FUTURE bleibt einem der durchgängigen Hauptthemen treu, die Gier nach ultimativer Macht. Diesmal zwar mit weniger phantastischem Science Fiction, dafür bodenständiger und realer wirkend. Es ist eine Verschwörung, verbunden mit Motiven von Freiheit und Unabhängigkeit, sowie dem Wunsch nach Rache. Es ist eine Origin Geschichte oder auch eine moderne Art des Reboots von CAPTAIN FUTURE, die seine Anfänge und Werdegang zum Helden erzählt. Die Charaktere dürfen mehr Einblicke von sich geben, ihre Gedanken mitteilen und Geschichte erzählen. Steele hat einen tollen Stiel, liest sich flüssig und hat alles mit Liebe zum Detail versehen. Sicher kann man der Neuinterpretation skeptisch gegenüber stehen, dennoch weiß der Roman zu begeistern und einem CAPTAIN FUTURE Fan das Herz zu erwärmen.

Daten:
Autor: Allen Steele
O-Titel: Avengers of the Moon
Verlag: Golkonda

Siehe: [Buch] CAPTAIN FUTURE – DER TOD VON CAPTAIN FUTURE