[Interview] GARY NAPPER – ALIEN: ISOLATION

Der Science Fiction Filmklassiker Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt von 1979 unter der Regie von Ridley Scott fasziniert bis heute. Sega und Creative Assembly haben sich Scott’s Werk angenommen und erzählen eine spannende, interaktive Fortsetzung. Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von ALIEN: ISOLATION hatte Lead Game Designer Gary Napper mit dem ich auf der Gamescom 2014 nicht nur das Game zockte, sondern auch munter plauderte.

SHORTREVIEW: Wie war es ein Spiel im Alien Universum zu entwickeln und dieses zu erweitern?

Es war eine einmalige Chance. Jeder im Team ist ein großer Alien Fan. Nicht immer bekommt man die Gelegenheit eine Idee vorzustellen, die sich gegen das stellt, was sonst erwartet wird. Es gibt keine Maschinengewehre und Kämpfe. Twentieth Century Fox gefiel dies und gab uns viele Freiheiten. Auch die ersten Spieler bestätigen uns, als sie sagten, dass es genau das ist, was sie schon immer spielen wollten.

SR: Warum war für Euch Ripley’s Tochter Amanda der richtige Ansatz?

Gary Napper

Schon früh wollten wir eine weibliche Hauptfigur, weshalb in unserer Techdemo eine Frau gespielt werden konnte. Als wir dann das offizielle Okay erhielten, überlegten wir, wer passen könnte und wo wir das Game ansetzen würden und da kamen wir beim schauen des Films auf Amanda. Mit diesem realen Ansatz war sie perfekt. Sie wird im Film nur kurz erwähnt und niemand hat wirklich ihre Geschichte erzählt. Also überlegten wir uns, was wohl aus ihr geworden ist und was in ihr vorgegangen sein könnte, als sie hörte, dass ihre Mutter als verschollen gilt. Daraus bastelten wir einen Story-Entwurf und stellten ihn Fox vor. Wir waren selbst überrascht, als sie sagten, das ist genau die Richtung, die sie sich vorstellten. Vielleicht weil Amandas Geschichte sich mit der ihrer Mutter so ähnelt. Auch sie ist an einem Ort mit einem Alien eingesperrt und will nur überleben.

SR: So muss Amanda ebenfalls lernen, wie sie über ihren Schatten springt und über sich hinauswachsen. Wie zeigt man dies in einem Computerspiel?

Hier hilft uns natürlich sehr ihre Hintergrundgeschichte, denn jeder kennt ihre Mutter und sieht die gleichen Stärken in Amanda. Wir haben einfach die richtigen Zutaten vermischt. Amanda ist ohne Mutter aufgewachsen, also ist sie selbstbewusst, mutig und selbstständig. Durch die Suche nach ihrer Mutter ist sie sehr fokussiert und nicht übersehen sollte man, dass sie eine gute Ingenieurin ist. Sie ist sehr intelligent, weiß mit Technik umzugehen und diese für ihre Zwecke umzubauen. Dies passt perfekt zum Gameplay, denn der Spieler muss entdecken, wichtige Objekte finden und diese entsprechend zusammensetzen. Davon hängt sein überleben ab.

SR: Zuerst hieß es, dass nur Amanda gespielt werden kann. Dann habt Ihr es geschafft Sigourney Weaver dazuzuholen und Rilpey selbst ist jetzt spielbar. Wie kam es dazu?

Wichtig ist, wir wollten nie Alien – Das Spiel zum Film machen, es sollte sich lediglich so anfühlen, mit der Atmosphäre, den Emotionen und den Beweggründen. Alien diente uns als Inspiration. Wir haben uns überlegt, wie wir die Geschichte der originalen Crew in unsere einflechten könnten, wie Amanda Teile vom Leben ihrer Mutter mitbekommt. Schon im Film verfasste Ripley ein Audiolog und dort wollten wir ansetzen. Amanda sollte Audio- und Videologs finden. Dafür nahmen wir Kontakt zu den damaligen Schauspielern auf, weil wir gerne ihre Stimmen benutzen wollen, um es noch lebendiger zu machen. Besonders als wir Sigourney Weaver ansprachen, glaubten wir niemals, das sie zusagen würde. Aber sie tat es. Jedem im Team viel für einen Moment das Herz in die Hose, aber als wir uns erholt hatten, waren wir motivierter denn je. Mrs. Weaver war völlig begeistert von unserem Spiel und es war schon merkwürdig, sie in einer Talkshow zu sehen, wo sie enthusiastisch von unserem Spiel, das wir gerade entwickelten, sprach. Und daraus ergab sich dann die Entwicklung der beiden Ripley DLC Level, wo der Spieler ihre Erlebnisse in der Nostromo nachspielen kann.

SR: Wie schwer war es, das es nicht nur Routine wird, sich zu verstecken, wenn das Alien erscheint?

Hier ist es wichtig den Spieler richtig einzubinden und ihm genügend Möglichkeiten zu bieten. Dazu zählt ihn entdecken zu lassen, ihm unterschiedliche Wege und Optionen zu zeigen, wie er die Gefahr umgeht oder löst. Er muss viel ausprobieren können, sei es nun den Gegner mit der Taschenlampe zu blenden oder mit einem Geräusch abzulenken. Taucht das Alien auf, muss er weglaufen. Doch das Alien ist nicht dumm, es weiß, dass er in seiner Nähe ist. Also sucht es, schaut sich um und reagiert auf Veränderungen. Der Spieler muss also ständig auf der Hut sein, denn wenn es hört, dass er sich im Spind versteckst, schaut es dort garantiert nach. (lacht)

SR: Wie lief die Recherche ab?

Wir haben uns auf Ridley Scott’s Werk konzentriert. Dabei allerlei Backgroundmaterial, wie Making Ofs, Storyboards und Conceptarts gesichtet. Fox war eine große Hilfe und gab uns alle Informationen, die wir benötigten, darunter Archivmaterial der Kulissenbauer, wie Blaupausen, Daten und Modelle. Wir wollten Scott’s klassischen, atmosphärischen Stil, weshalb wir auf übliche SF Elemente wie Hologramme und Laser versuchten zu verzichten. Grundsätzlich haben wir Alien auseinandergenommen und neu zusammengesetzt, damit wir ihn verstehen und unsere eigenen Areale zu bauen. Um immer eine Verbindung zum Film zu haben, läuft er in unserem Studio täglich in einer Schleife auf einer Leinwand. Und irgendwie, habe ich mich noch nicht daran satt gesehen. (lacht)

SR: In wieweit benutzt Ihr Inspirationen von HR Giger?

Es hatte uns ziemlich geschockt von seinem Tod während der Produktion zu hören. Wir haben von Beginn an viel Wert darauf gelegt, allen Kreativen des Films Respekt zu zollen und ihre Gedanken mit einfließen zu lassen und dies gerade in den Designs. Giger’s Kunst ist einmalig und wir gaben uns Mühe seinen Visionen für den ersten Film treu zu bleiben.

SR: Rückblickend betrachtet, was war die größte Herausforderung während der Entwicklung?

Eigentlich das Alien selbst. Es sollte intelligent, gerissen und gefährlich wirken. Dazu war uns wichtig, dass es spürbar dazulernt und sein Verhalten dadurch verändert. Seine körperlichen Bewegungen mussten passen. Es dauerte lange bis wir das Gefühl verspürten, auf dem richtigen Weg zu sein. Die Animatoren und Modellbauer haben hier einen wesentlichen Beitrag geleistet und viele Details hinzugefügt. Es gab viele Momente, die wir cool fanden. Doch erst im Zusammenspiel mit den Effekten, den Sounds, der Lichtsetzung und allem anderen, merkten wir, das auch uns beim spielen Angst und Bange war, wenn das Alien erschien. Aber bis dahin war es ein langer, fordernder Weg.

SR: Wie dauerte die Entwicklung vom ersten Entwurf an?

Hmmm. Das waren weit über drei Jahre. Es hat lange gedauert bis wir das richtige Verhältnis von Umsetzung, dem Setting, der Erzählung und Geschichte, sowie den lebendigen Charakteren hatten. Mir hat all dies sehr viel Spaß gemacht. Du hörst ja an meiner Stimme, wie begeistert ich bin. (lacht)

SR: Danke, das Du mir solch detaillierten Einblick gegeben haben.

Es ist für mich bisher das Projekt meines Lebens. Ich bin ein so großer Fan der Alien Reihe, das wie ein Kindheitstraum war, in diesem Universum mitwirken zu können. Darüber zu reden, hält es für mich real. (lacht)

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Interview Sascha Leupold

In abgewandelter Form erstmals erschienen in: Nautilus – Abenteuer & Phantastik, www.fantasymagazin.de