[Game] REMEMBER ME

Die Zukunft im Jahre 2084 ist noch wunderbarer geworden, seit der Konzern ‚Memorize’ es geschafft hat den menschlichen cerebralen Kortex mit einem Computer zu verbinden. Jeder Mensch trägt eine Schnittstelle am Hinterkopf, womit er persönliche Erinnerungen digitalisieren und mit anderen teilen kann. In dieser Zeit kämpft die Gedächtnisjägerin Nilin, gegen den Konzern für die verbleibene menschliche Freiheit. Durch die Gedächtnisdigitalisierung ist für Memorize ein völlig neuer Geschäftsmarkt entstanden und es ist möglich fremde Erinnerungen zu kaufen, diese nachzuerleben oder halt die Eigenen zu verkaufen. Die letzten Überbleibsel an Privat- und Intimsphäre wurden weggewischt durch die anscheinend logische Fortführung eines explosiven Wachstums sozialer Netzwerke zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Die Bürger selbst haben diese Art der Überwachungsgesellschaft akzeptiert als Kompromiss für den Komfort, den fortschrittliche Technologie bereitzustellen vermag. Diese Gedächtnis-Ökonomie verleiht nur einer Handvoll Leuten eine immense Macht über die Gesellschaft. Dank ‚Memorize’ ist die Welt enger und friedlicher geworden, so der Werbespot. Ganz woanders erwacht die junge Nilin in einem Labor und fragt einen Kittelträger: „Wer bin ich?“. Doch der antwortet nur: „Cerebrallöschung nicht vollständig. Wiederholen.“ und schickt sie durch einen Gang zu einer Maschine, wo gerade einem anderen Menschen die Erinnerungen aus dem Kopf gesogen werden und ihn zu einer leeren Hülle machen. Da hackt sich Edge, Anführer der Widerstandsgruppe ‚Errorists’ in ihren Kopf ein, und bietet eine Möglichkeit zur Flucht an. Sie willigt ein, um der Löschung zu entgehen und flüchtet über eine Transportkapsel. Schließlich landet sie in den Slums von Neo-Paris, wo sie von Leapern attackiert wird. Leaper waren einst Menschen, die süchtig nach fremden Erinnerungen wurden. Durch zu viele haben sie ihr eigenes Ich ausgelöscht und der Körper reagierte durch entstellende Mutationen. Nun irren sie durch die Slums, wie Zombies auf der Suche nach frischen Erinnerungen, um am Leben zu blieben. Nilin kann sich erwehren und rennt zum Unterschlupf des Widerstands, wo ihr erzählt wird, dass sie eine von ihnen sei und eine ehemalige Elite-Gedächtnis-Jägerin.

Fazit:
Der Spieler übernimmt Nilin seit ihrem Erwachen und wird Tutorial technisch angeleitet. Es beginnt mit der Bewegungssteuerung, geht in die Kampfmoves über bis schließlich zu dynamischen Klettereien, mit teils gescripteten Actioneinlagen. Im Unterschlupf wird Nilin dann von der Attentäterin Olga Sedova angegriffen und muss ihre Spezialfähigkeit ‚Memory Remix’ aktivieren. Sie hackt sich in Olgas Gehirn und sieht die ausschlaggebende Szene ihrem Leben, die zur Jagd auf Nilin geführt hat. Olgas Mann ist schwer krank und sie will durch das auf Nilin ausgesetzte Kopfgeld die Arztrechnungen bezahlen. Als Spieler sehen wir diese Sequenz wie ein Film und können ihn ähnlich einem Video hin und her spulen. Ziel ist es Olgas Erinnerung zu unseren Gunsten zu manipulieren. Dafür ist es wichtig alles langsam anzuschauen und siehe da, an einigen Stellen sind Bildstörungen, sogenannte Glitsche zu sehen. Hier können wir etwas verändern, vielleicht einen Schalter drücken oder eine Flasche zu Boden fallen lassen. Spielen wir nun die Sequenz neu ab, haben unsere Manipulationen Folgen, die einen neuen Ausgang des Geschehens ermöglichen. Wie bei einem Rätsel kann der Spieler solange mit den Glitsche spielen, bis das vorgegebene Ereignis erzeugt wurde, in unseren Fall tötet der Arzt Olgas Mann, so dass sie keinen Grund hat Nilin zu jagen und sogar bereit ist, sich den Erroristen anzuschließen, um sich zu rächen. Übrigens kann das Anschauen von veränderten Sequenzen teil mehr als eine halbe Stunde beschäftigen, da es vielfältige Möglichkeiten gibt. Dies sind nur einige Elemente mit denen der Spieler in REMEMBER ME zu tun bekommt. Ein weiteres erklärt Creative Director Jean-Maxime Moris: „Nilin kann gestohlene Erinnerungen in Echtzeit und in drei Dimensionen berechnen. Das Feature nennt sich ‚Remembrane’. Diese Informationen aus den Erinnerungen der Ziele muss der Spieler nutzen, um gefährliche Situationen in der Gegenwart zu meistern, wie zum Beispiel sich in einen Hochsicherheitskomplex zu schleichen. Der Spieler sieht, wie sich das Ziel in der Vergangenheit verhielt und muss nun dessen Fußstapfen gewissermaßen folgen.“
REMEMBER ME ist ein 3rd-Person-Action-Adventure entwickelt vom französischen Entwickler Dontnod Entertainment und vertrieben durch Capcom. Das Spiel verfolgt eine lineare, episodenartige Erzählung. Oberflächlich ähnelt es eher Uncharted als Assassins Creed, wegen seiner Dynamik. Es gibt keine Open-World. Anstand mit Schusswaffen zu kämpfen, wird wert auf den direkten Martial-Arts Kampf gelegt, durch das innovative Combo Lab. Als Spieler können wir selbst unsere Kampf-Kombos individualisieren, variieren und der Spielsituation anpassen. So werden unterschiedliche Schlag- und Tritt-Moves, sowie Heilaktionen in ausgewählter Reihenfolge auf die Buttons gelegt. Dies erinnert an ein RPG, weil sich die Fertigkeiten ebenfalls verstärken lassen. Leider reagiert das Kombo System nicht gut auf zu schnelles Button-Smaching, was diese erschwert. Besonders anspruchsvoll und innovativ ist das ‚Memory Remix’ Feature gelungen, einer Art interaktiver Kurzfilm. Es begeistert zu sehen, wie viel Details in die zahlreichen Sequenzen hineingesteckt wurden und welche unterschiedlichen Ausgangsgeschehnisse erzielt werden können. Diese großartige Innovation kommt zum Bedauern nur vier Mal zum tragen, Schade.
Grafisch, gerade in den Charakterdesigns und Animationen wird höchstes Niveau geboten, aber auch Neo-Paris zeigt sowohl eine hübsche, fortschrittliche Seite als eine düstere Blade Runner artige. Die Story selbst ist vielschichtig und bietet unzählige Möglichkeiten mit Überraschungen und Wendungen, gerade durch Nilins Suche nach ihrer eigenen Identität. Eine große Spannungskurve, ähnlich einem Krimi wird aufgebaut, gepaart mit einer feinen Priese doppelzüngigen Humor. Literarisch erinnert REMEMBER ME durch Grundgedanken an George Orwells 1984, William Gibson’s Johnny Mnemonic, William Shatner’s Tek War Reihe und Geschichten von Isaac Assimov, gepaart mit unseren eigenen zukünftigen sozialen Entwicklung in den digitalen Netzwerken. Neben der Grafik begeistert die emotionale, epische, technische und orchestrale Musik von Oliver Derivière. „Es sollte keine zu kraftvolle Actionmusik werden.“ Sagt er. „Eher sanfter, um zu Nilin, ihrer Geschichte und ihren Gefühlen zu passen. Mir war wichtig, das sie das Spielerlebnis verbessert, den Spieler ins Geschehen zieht.“
REMEMBER ME ist dank der intensiven, spannenden Geschichte mit seinen vielschichtigen Möglichkeiten, sowie den neuartigen Features und der gelungenen Umsetzung ein eindrucksvolles und begeisterndes Game. Die kleinen Logiklöcher im Ganzen sind verschmerzbar. Misslungen ist die deutsche Synchronisation, nicht wegen den guten Sprechern, sondern eine merkwürdige Aussteuerung und teils lieblose Dialogbetonungen, was eher am schlechten Dialogregisseur liegt, denn die Sprachanweisungen und Absegnungen kommen von diesem.
Eine ganz andere Betrachtung: Schaut man die zahlreichen Vorankündigungen an und sieht das Spiel im kompletten Licht, scheint es, als wäre eigentlich ein Open-World Game im Stiel Assassins Creed geplant gewesen. Dies hätte auch Nilins Gedächtnisjägerin Funktion besser zur Geltung gebracht. Manches im Spiel, wie der zweite Memory Remix harmoniert nicht wirklich. Ich denke, aber das die Entscheidung auf eine stetige lineare Spielführung, darauf zurückzuführen ist, das sonst das Spiel nie fertig geworden wäre, weil man einfach zuviel wollte.
REMEMBER ME begeistert besonders durch seine innovativen Ideen und frischen Ansätze, die viel potential haben weiterentwickelt zu werden. Wer Action Adventures mit Herausforderungen mag, sollte es einfach mal anspielen.

Daten:
Label: Capcom, Dontnod
System: PC, X-Box 360, PS3
Art: 3rd-Person, Action-Adventure
Schwierigkeitsgrad: Mittel
USK: 16