[Interview] BRECK EISNER – THE LAST WITCH HUNTER

last_witch_hunter-0001Während eines Spazierganges irgendwo in den Bergen von Los Angeles telefonierte Breck Eisner mit mir in Hamburg. Selbst ist mir er erstmal mit der Clive Cussler Romanumsetzung Sahara mit Matthew McConaughey und Penélope Cruz in den Hauptrollen um 2005 aufgefallen. Doch was war vorher? Nach seinem Filmstudium inszenierte Eisner zunächst Episoden der Serie Invisible Man – Der Unsichtbare. Darauf folgte 2002 der Fernsehfilm Thought Crimes – Tödliche Gedanken. Einige Jahre nach Sahara drehte er den Horrorfilm The Crazies – Fürchte deinen Nächsten (2010). Durch den Hang zu Abenteuer und speziellen Stoffen wurde ihm THE LAST WITCH HUNTER angeboten.

SHORTREVIEW: In den letzten Wochen hast Du hart daran gearbeitet den Film fertig zu stellen. Klingt nach durchgemachten Nächten im Schneideraum?

Fühlte sich für meine Frau und Kinder jedenfalls so an. (lacht) Es war ein Rennen bis zum Ziel mit all den Special Effects und dem Sound. In dieser Art Film geht es um all die Details und gerade die technischen Elemente und visuellen Effekte machen schließlich das Erlebnis aus. Und bis zur Veröffentlichung schöpfte ich dafür jede verbliebene Minute aus. Der Film hat 18002 Schnitte und gut 12000 davon beinhalten visuelle Effekte.

SR: Das ist eine ganze Menge. Welcher Teil für einen Regisseur ist schwieriger, der Dreh selbst oder alles am Scheidetisch zusammenzufügen?

Der Dreh an den Locations ist schwieriger, da es physikalisch anspruchsvoller ist. In Philadelphia zum Beispiel waren wir in einem Studio ohne Isolation und die Temperaturen waren fast 10 Grad unter Null. Es war sehr kalt und alle hatten wenig geschlafen, das nimmt einen schon mit, gerade wenn man dort viel Stunden verbringt. Dazu ist der Dreh der kostspieligste Teil, weshalb man allein deshalb stärker unter Druck steht.

SR: Deine Filme beinhalten Abenteuer und Phantastik. Was fasziniert Dich am Genre?

Für jemanden der mit Star Wars, Indiana Jones, Der weisse Hai aufwuchs und sie mit Begeisterung auf der Leinwand erlebte, bleibt der Faszination treu. Ich erinnere mich noch wie ich John Carpenter’s Das Ding aus einer anderen Welt mit Freunden sah und diese Emotionen prägten mich. Dadurch wurde meine Leidenschaft für Filme, aber auch Filme zu inszenieren entfacht. Gerade Filme mit vielen Anderen in einem Kino zu erleben, ist für mich bis heute eine motivierende Erfahrung.

SR: The Last Witch Hunter spielt in der klassischen Vergangenheit und in der heutigen Zeit. Ist dies ein moderner Fantasy Ansatz und werden so neue Zuschauer fürs Genre neugierig gemacht?

last_witch_hunter-0007Auf jeden Fall. Für mich war es eine Möglichkeit Magie auf eine neue Art zu zeigen. Sie ermöglichte so etwas wie Zeitreisen. Diese gibt dem Hauptcharakter Kaulder, also Vin Diesel, die Fähigkeit in seine eigene Vergangenheit zu blicken und Momente daraus wieder zu erleben. Witch Hunter spielt in unterschiedlichen Zeitperioden und Magie verbindet sie, wodurch die Figuren mit verschiedenen Emotionen verbunden werden. Dazu ist Kaulder unsterblich, jedenfalls sein Körper, doch sein Geist ist angeschlagen von den vielen Erlebnissen und Emotionen, die ihn seelisch zerrütten. Körperlich macht ihm die Verwendung von Magie nichts aus, doch mental schon.

SR: Unsterblichkeit ist eines der Hauptthemen. Wie denkst Du darüber?

Ich sehe es wie im Film Highlander. Es gibt dort die Szene wie MacLeod nicht altert und zusehen muss, wie dagegen das Leben bei seiner Frau vorbeizieht bis sie schließlich in seinen Armen stirbt. Dies hat mich schon immer sehr ergriffen. Unsterblichkeit ist ebenso ein Fluch und die ultimative Verwendung von Magie. Ich glaube jeder Mensch möchte länger leben und es gehört zu unseren Lebensfragen, wie wir länger auf der Erde verweilen können. Wenige denken aber über die Folgen der Unsterblichkeit nach und das es Opfer fordert. Einen Charakter zu entwerfen, dem die Gabe des ewigen Lebens geschenkt wurde und somit einen Fluch erbte, machte das Projekt interessant. Während des Film muss Kaulder durch die Rückblicke sich diesem Fluch stellen, nicht nur um zu lernen damit zu leben, auch um die Welt zu retten.

SR: Auf der anderen Seite sind die Hexen, die ebenso verflucht sind. Hast Du die mittelalterlichen Hexenverfolgungen für die Recherche aufgegriffen?

Ob nun im europäischen Mittelalter oder selbst in Amerika, viele unschuldige Frauen wurden als Hexen verschrien und durchlitten fürchterliches. Diese daraus entstandenen Emotionen haben wir für den Film übernommen. Dennoch haben wir für Witch Hunter unsere eigene Hexen Mythologie geschaffen und uns nur grob an der damaligen Realität orientiert. Eine der ersten Zeilen im Film von Kaulder handelt davon, das die Hexen unter den Menschen nicht von beginn an Böse waren. In unserer Mythologie waren Hexen schon immer Bestandteil der Welt und sie lebten einst in Symbiose mit der Natur. Feuer, Wasser, Erde und Luft sind ihre Bestandteile. Als dann der Mensch kam, verfolgte er andere Ansichten. Er wollte die Natur dominieren und durch Ausbeutung zerstören. Durch diese unterschiedlichen Sichten der Rassen ist der Krieg entstanden und die Hexen beschlossen die Menschheit zu vernichten, um ihren Ureinklang mit der Natur zurückzugewinnen. So wird die Sicht des Bösen vom Helden gesteuert, die für ihre Art von Gerechtigkeit kämpfen. Auch die Hexenkönigin hat ihre gerechte Sicht, indem sie durch Auslöschung der Menschheit die Rettung ihrer Spezies sieht. Vielleicht gäbe es einen besseren Weg, doch sie kennt nur den der Vernichtung.

SR: Vin Diesel zählt zu den modernen Actionhelden. Wie war es mit ihm zu arbeiten und was steuerte er zur Rolle bei?

last_witch_hunter-0002Vin war beeindruckend. Und dies, weil man ihn nicht nur als Schauspieler bekommt. Er ist immer präsent, dazu beschäftigt er sich mit der Materie, liebt Dungeons & Dragons, kennt die die Vorlieben der Zuschauer, weiß wie man diese Art von Filmen inszeniert, wie solche Welten und Mythologien geschaffen werden und nicht zu vergessen produziert er den Film. Er hat sich mit Kaulder lange beschäftigt und wir haben im Vorfeld sehr viel miteinander geredet. Dabei haben wir über jedes Detail, jede Handlung und Emotion diskutiert und wenn er am Set im Drehbuch eine Zeile las, die in Verbindung mit der realen Szenenumsetzung nicht mehr passte, spornte er uns an, die beste Lösung zu finden.
Zwei Dinge kennt Vin besonders gut. Zum Einen weiß er wie Filme gemacht werden, insbesondere in diesem Genre. Er macht sich Gedanken. Durch Feingefühl treibt er an, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Zum Anderen weiß er, was Zuschauer mögen und lieben. Welche Dialoge später in Werbespots und Trailers funktionieren. Die Zuschauer haben immer über gewisse Dialoge und Szenen Erwartungen und damit hat sich Vin beschäftigt und möchte diese bieten. Wusstest Du, dass er trotz seiner Millionen Facebook Fans jeden Post selbst macht, jeden Kommentar liest und selbst darauf antwortet? Er nimmt seine Fans ernst.Was kaum bekannt ist. Wir haben bei Dreh einen sogenannten Call-Zettel, wo zeitlich aufgelistet wird, wer am nächsten Tag anwesend sein soll und ganz oben ist der Hauptdarsteller aufgeführt. Viele denken, klar der muss eben als Hauptdarsteller draufstehen und wenn er am Set ist, hat er nur zu schauspielern. Dies stimmt nicht, der Hauptdarsteller hat ebenso die Verantwortung sowohl Cast als auch Crew zu motivieren und hilft den Film zu inszenieren. Vin weiß was dies bedeutet und hat sogar Freude daran.

SR: Wie war es mit Schauspiellegende Michael Caine zu arbeiten?

Bei der Charakterentwicklung haben wir bereits an ihn gedacht und die Figur auf ihn zugeschnitten. Wir benötigten einen Charakter für Vin der wie ein Mentor und eine Vaterfigur wirkt. Das Ironische daran ist, das Kaulder 800 Jahre alt und niemand älter als er ist. Obwohl Michaels Figur dazu jünger ist, musste sie passende Stärken, Weißheit und Emotionen ausstrahlen. Doch bevor Michael hinzu kam war die Rolle wesentlich kleiner. Letztlich dachten wir, machen wir seinen Anteil größer und bieten ihm einfach die Rolle an und er sagte zu. Mit ihm zu arbeiten war eine echte Ehre und er war ein richtiger Gentleman.
Dann haben wir noch Elija Wood, der den Nachfolger einer Generation verkörpert, die Kaulder über die Jahre begleiten und seine Geschichte erzählen. Die Dolan sind sterblich, wodurch sie Kaulder immer wieder bewusst machen, was Leben bedeutet. Elija spielt Michaels Nachfolger und er ist ein beeindruckender Schauspieler. Sehr intelligent und gewissenhaft, der zusätzliche Dialoge einbrachte, um seinem Dolan mehr Persönlichkeit zu geben.

SR: Ist es schwer solch erfahrenen Schauspieler die richtigen Anweisungen zu geben, wie Du sie vor der Kamera sehen willst?

last_witch_hunter-0003Zuallererst interessiert es mich zu erfahren, was sie über ihre Rolle denken und wir sprechen ausführlich darüber. Dies geschieht lange bevor wir am Set sind. Wir nehmen das Skript auseinander, Szene für Szene. Gehen jede Motivation, Handlung und Emotion durch. Sprechen über die Film Mythologie und welche Aussagen getroffen werden. Ich selbst mag es den Schauspieler erst einmal ihre eigene Interpretation in den ersten Takes zu lassen und auf dieser Basis aufzubauen. Wenn ich meine Anweisungen zu früh äußere, verhindere ihr eigenes Schauspiel. So ist es leichter den Charakter zu dem werden zu lassen, wer er ist und was ihn antreibt. Andererseits entsteht auf mich immer mehr Druck, wenn neue Darsteller am Set hinzukommen. Jeder benötigt Zeit und die ist beim drehen knapp.
Dazu sollte man wissen, wenn ich an einem Film beginne zu arbeiten, zählt als ernstes ein gutes Skript. Dann setze ich mich mit Designern und dem Autor für den Look von Figuren und Orten zusammen. Gerade Konzeptkünstler haben oft unerwartete grandiose Ideen. Zusammen haben wir die Hexenwelt geschaffen, die Figuren und ihre Waffen. Diese visuelle Hilfe wiederum hat Einfluss auf das Schreiben. Dann kommen Storyboard Künstler dazu, mit welchen ich meine Sicht der Szenen durchgehe. Dies ist alles zunächst recht grob, aber daraus entwickelt sich meine Vision. Natürlich hilft dies sehr bei Actionszenen, nicht nur für die entsprechende Abteilung, auch für den Autor. Er gibt die Richtung vor, während durch die Storyboards die Visuelle hinzu kommt. Diese ausführliche Vorbereitung hilft Kosten im griff zu halten und nicht alles erst am Set zu klären, wo einem die Zeit unweigerlich davonläuft.

SR: Wie bist Du eigentlich zum Projekt gekommen?

Ich inszenierte eine Serienepisode mit einem der Produzenten, der den Drehbuchautoren Cory Goodman vertrat und dieser drückte mir die erste Skriptversion in die Hand. Wir wollten schon immer zusammenarbeiten. Jedenfalls befand sich der Film gerade bei Lionsgate in der Vorproduktion und so wurde ich involviert. Schnell verliebte ich mich in die Mythologie und die Welt von Kaulder, besonders auch weil es nicht auf bereits existierendem Material basierte, sondern auf eigenen Ideen. So unterschrieb ich bevor Vin hinzu stieß. Cory aber stand mit Vin in Verbindung und hat Kaulder für ihn geschrieben, doch Vin hatte noch nicht zugesagt. So haben Cory und ich ein Jahr lang zusammen das Skript überarbeitet und viele Gedanken entwickelt, bevor wir intensiv mit Vin sprachen. Erst als er das Skript in einer finalen Phase fühlte, sagte er für Kaulder zu.

SR: Zwischen The Crazies und diesem liegen fünf Jahre Pause. Warum?

Ich bin sehr wählerisch. (lacht) Dazu benötigt jeder Film eine Menge Zeit für die Vorbereitung und ich habe drei kleine Kinder. Einen Film zu inszenieren bedeutet einige Zeit von der Familie entfernt zu sein. Da überlege ich mir genau welches Projekt ich übernehme, denn Familie ist mir wichtig. Nach The Crazies habe ich an einige Skripten gearbeitet, doch entweder waren sie nicht das Richtige oder die Studios waren nicht von ihnen überzeugt. Kurz, ich habe in der Zwischenzeit nie untätig. Bei The Last Witch Hunter passte einfach alles zusammen die Darsteller waren großartig, das Skript gefiel mir und die Ideen stimmten.

SR: Der Film versammelt Darsteller aus unterschiedlichen Ländern. Ist dies eine Herausforderung?

last_witch_hunter-0005Es war ein großer Spaß. Ich wollte von Beginn an eine internationale Darstellerriege, wie auch bei den Hexen, die aus der ganzen Welt kommen sollten, auch wenn wir diese in New York vereinen. Durch die unterschiedlichen Talente finde ich, wird dem Film etwas Frisches verliehen. Ich möchte aber festhalten, dass im Skript keine Nationalität zugeordnet ist und wir uns danach orientierten, wen wir am Besten für die Rolle fanden.

SR: New York zählt zu den Städten der Welt, die auf Besucher einen magischen Reiz ausüben. Wurde deshalb die Handlung dorthin verlegt?

Ich liebe an New York, das hier Menschen aus aller Welt zusammentreffen. Dies passte, um die Hexen aus den unterschiedlichen Ländern hier versammeln zu können. Dazu aus visueller Sicht und von oben betrachtet, gibt es in der Stadt keine Natur. Der Central Park ist organisiert und designt von Menschen. New York symbolisiert, das Natur von Menschen dominiert und in ihre Ordnung gepresst wird. Dazu hat die Stadt etwas unbeschreiblich Magisches an sich. Überall in den Straßenecken ist Leben, es gibt so viel zu sehen und zu hören.

SR: Herzlichen Dank für Deine Zeit und Offenheit.

War ein echtes Vergnügen und habe ich gerne gemacht. Hoffe der Film gefällt Euch.

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Siehe auch: [Film] THE LAST WITCH HUNTER

Interview und Übersetzung Sascha Leupold
Interview in abgewandelter Form erstmals erschienen in: Nautilus – Abenteuer & Phantastik (fantasymagazin.de)